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„Am Straßen- und Wegesrand“ 2: Flutgräben

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„Schon naht aber das moderne Räumgerät, das täglich etwa einen Kilometer Graben leicht `packen` kann.“ 

Dieser Satz stammt nicht aus diesen Tagen des neuen Jahres 2022, in denen Bagger an einzelnen Flutgräben zum Einsatz kommen, sondern aus dem DONAUKURIER vom 10. Oktober 1958.

An einer anderen Stelle des Zeitungsartikels heißt es: „Seit rund 30 Jahren wurde an den Gräben nicht mehr gearbeitet, so dass die Entwässerung nicht mehr im gewünschten Maße funktioniert.“

Fotos

 

 

Dreierlei ist mit diesen Zeilen deutlich geworden: Zum einen geht es hier um die Flutgräben an einigen Wegen nahe unserem Dorf, zum Beispiel entlang des neuen Fußballplatzes, am alten Fußballplatz und von dort in drei Fluchten Richtung Leising. Zum anderen wird ihr Zweck angesprochen, nämlich die Entwässerung der Wiesen und Felder. Drittens wird indirekt ihre Entstehungszeit mit der Zeitdifferenz „seit 30 Jahren“ genannt.

Damit sind wir bei der Altmühlkorrektion oder Altmühlregulierung Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts angekommen. Damals wurden nicht nur neue Wehre gebaut, zum Beispiel auch das unsere an der Kottingwörthermühle, und der mäandernde, verwachsene Flusslauf begradigt, um die häufigen, für die Landwirte äußerst schädlichen Sommerhochwasser zu vermeiden. Ein Ziel, dem damals auch unsere alte steinerne Brücke zum Opfer gefallen ist! (Weitere Gründe waren der schlechte Bauzustand und die enge Fahrbahn.) Damals wurde im Tal auch das Entwässerungssystem mit den Flutgräben angelegt. In die Pläne zur Altmühlkorrektion ist ihr Verlauf deutlich erkennbar eingezeichnet. Wie die zwei Fotos aus dieser Zeit zeigen, wurde schon vor knapp 100 Jahren schweres Gerät eingesetzt.

In der Dissertation von Hermann Weißmüller über die Altmühlkorrektion, erschienen 1931, heißt es unter anderem:

„Aufgabe der Korrektion war außerdem noch die eigentliche Entwässerung der Talauen durch Schaffung von Entwässerungsanlagen. Der seit Jahrhunderten stetig fortschreitenden Versumpfung und Versauerung des Bodens sollte dadurch Einhalt geboten werden und aus den zuerst minderwertigen Wiesen wieder vollwertige, gutes Futter bringende Flächen geschaffen werden.“ […] „Es wurden Wasserabzugsgräben zur Zutageförderung und unschädlichen Ableitung des am Fuße der Talhänge sich andrängenden Hangschichtwassers, des stellenweise auftretenden Quellwassers und zur Ableitung der Flutwasserrückstände und der sonstigen Tagwasseransammlungen gezogen und mit dem ausgebaggerten Erdreich die Mulden und Senken des Tales ausgefüllt und eingeebnet.“

Es gab und gibt nur ein Problem: Die Flutgräben wachsen immer wieder mit allen möglichen Sumpf und Wasser liebenden Pflanzen zu, nicht zuletzt mit Schilf, aber auch mit Sträuchern, ja sogar einzelnen Bäumen. Die Fotos aus dem Jahr 2016 zeigen dies sehr anschaulich. Solche Verwachsungen lösten auch die Säuberungsaktion im Jahr 1958 aus. Es lohnt sich übrigens den DK-Artikel darüber zu lesen. Nicht zuletzt die Beschreibung der Säuberungstechnik, auf zwei Fotos einigermaßen gut zu erkennen, ist hoch interessant! Sie wurde damals erstmals eingesetzt und stieß deshalb auf sehr großes Interesse, das sogar politische Prominenz nach Kottingwörth lockte.

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Dreißig Jahre wartet man heutzutage nicht mehr, bis die Gräben gereinigt werden. Die Fotos von 2006 und 2016 beweisen es. Für die Unterhaltung der Gräben ist in der Regel die Gemeinde zuständig. Hat diese ein Gewässerentwicklungskonzept erstellt, sind die Maßnahmen auch förderfähig. Nach Aussagen von Thomas Seitz, dem Leiter der Bauabteilung der Gemeinde Beilngries, bei einer Fachtagung des Wasserwirtschaftsamtes Ingolstadt, die im März 2017 im Haus des Gastes stattgefunden hat, gibt es im Bereich von Beilngries, Leising und Kottingwörth insgesamt Flutgräben in einer Länge von 12 Kilometern. Für deren Unterhaltung seien im Haushalt jährlich rund 10 000 Euro eingeplant. 

Die Säuberungsarbeiten finden – wie derzeit auch wieder - gewöhnlich in den Wintermonaten statt, um die anliegenden Wiesen und Felder zu schonen.

Dass in diesen Tagen der Graben entlang des neuen Sportplatzes schon wieder gereinigt wird, hat eine besondere Bewandtnis: Dieser Flutgraben nimmt zusätzlich das Oberflächenwasser aus dem östlichen Dorfbereich auf und soll es zügig ableiten. Der Einlass in die Altmühl ist direkt unterhalb der Regnath-Brücke. Dieser ihm zugedachten Funktion kann er natürlich nur dann voll gerecht werden, wenn der Ablauf weitgehend frei ist. Ansonsten stauen sich die Wassermassen nicht nur bei einem ausgewachsenen Hochwasser in den Straßen sowie einzelnen Höfen und Gärten dieses Dorfbereichs, sondern auch bei Wolkenbrüchen und vor allem bei den in den letzten Jahren vermehrt auftretenden gefürchteten Starkregenereignissen.

Warum kann man in den Gräben zuweilen neben Fröschen und Enten, bei Leising auch einen Biber, sogar größere Fische entdecken? Das kommt besonders nach großen Hochwassern vor, bei denen einzelne Fische die Altmühl verlassen und nicht mehr rechtzeitig in den Fluss zurückfinden. Letztmals war so ein Hochwasser im Jahr 2011. Deshalb hat der Fischereiverein Beilngries im September 2013 eine sehr erfolgreiche Fischrettungsaktion im Graben durch die Oberau organisiert, wie zwei Fotos zeigen.

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 In einigen Jahren werden unsere Flutgräben also 100 Jahre alt. Sie sind unverkennbar ein prägendes Element unseres Abschnitts des Altmühltales und gehören wie die Wasserstege zum typischen Ortsbild von Kottingwörth.