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joomplu:6045Der verschwundene Ödhof bei Kottingwörth

Fotos und Repros 

AKTUALISIERUNG am 13. Februar zum Standort des Ödhofs!

Am 12. Februar 1956, also genau vor 65 Jahren, ist mit eben diesem Titel schon einmal ein Artikel im DONAUKURIER erschienen. Er lässt viele Leser wohl sofort vermuten, dass es sich hier um einen weiteren Beitrag zur Sagenserie im DONAUKURIER handelt. Dem ist aber nicht so.

Nahe Grögling gab es bis weit ins 19. Jahrhundert tatsächlich diesen Ödhof, wie auch der Verfasser vor 65 Jahren mitgeteilt hat. Schon damals hätten sich Kottingwörther Dorfbewohner nur an ein paar Grundmauern und einen Keller erinnern können. Heutzutage bekommt man von wenigen betagten Personen nur noch recht vage Erinnerungen an frühere Erzählungen zu hören. Dem haftet schon etwas Sagenhaftes an.

Aber man kann die Existenz des Hofes durchaus beweisen. Laut damaligem DK-Artikel soll er talabwärts etwa gegenüber Grögling an der rechten Straßenseite gelegen haben. Alte Karten sagen jedoch etwas anderes! Beweiskräftig ist, dass er in einzelnen alten Karten zu finden ist, beispielsweise von 1806 und 1817. Die Karte von 1817 verortet den Ödhof jedoch auf der anderen Straßenseite, hochwassersicher etwas erhöht am Hang des Arzbergs! Und auch im sogenannten BayernAtlas (online) ist er unter den historischen Karten zu finden. Mit Hilfe des BayernAtlas kann man auch seinen Standort recht genau bestimmen (siehe blaue Kreuze in den entsprechenden Luftaufnahmen). Wählt man im Atlas die Reliefkartenansicht, kann man an der Stelle aber keine Unregelmäßigkeiten erkennen. Ganz in der Nähe fällt heute neben dem alten Bahndamm eine tiefe Grube mit herumliegenden großen Steinbrocken bzw. Verbundmaterial, das anscheinend mit Mörtel zusammengehalten wird, ins Auge. Sind das die Überreste des einleitend angesprochenen Kellers? Eine gewagte Vermutung.  

Ebenso ist der Hof im Matrikelverzeichnis des Bistums Eichstätt von 1836 eingetragen. Mit seinen sechs „Seelen“ wird er zusammen mit „Krögling, Leissing, Pfenninghof und Vogelthal“ der Pfarrei „Kottingwörd“ mit insgesamt 404 „Seelen“ zugeordnet. Ferner findet sich noch folgender Verweis auf den Ödhof im Wikipedia-Eintrag über Töging: „1820 wurde von Töging zugunsten von Kottingwörth die Einöde Oedhof abgetrennt, der in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts abgegangen ist.“ Und auch in den Töginger Heimatbüchern von August Schönhuber (Seite 10 und 66) sowie von Maria Bauer/Ingrid Frühauf (Seite 45) wird auf den Ödhof an der Flurgrenze Töging/Kottingwörth nahe dem Steinbruch verwiesen. Laut Artikel von 1956 soll der Hof noch im Jahr 1950 auch im Ortsverzeichnis des Staatsarchivs Nürnberg verzeichnet gewesen sein, was natürlich nicht heißt, dass es ihn damals noch gegeben hat, aber der Eintrag beweist einmal mehr, dass er tatsächlich existiert hat.  

Gemäß dem DK-Artikel soll der Hof schon im Jahr 1853 der Kottingwörther Familie Rieger (Haus-Nr. 38) gehört haben, wie einem Übergabevertrag von 1885 zu entnehmen sei. Dort werde auch dessen Umfang beschrieben: „Wohnhaus, Scheune, Stall, Schweineställe und Hofraum fünf Ar, Baumgarten fünf Ar, Wald 75 Ar, Hausacker zwei Hektar, Wasseracker an der Straße 32 Ar, Wiese 0,7 Ar (ohne Gemeinderecht)“. Es heißt aber 1885 schon: „Die bei dem obigen Anwesen aufgeführten Gebäulichkeiten sind übrigens nach Angabe der Erschienenen nicht  mehr vorhanden, was hiermit vermerkt wird.“ Wann und warum der „Ödhof“ in der Zeit zwischen 1853 und 1885 verlassen und wohl abgerissen wurde, ist ungeklärt.

Dass zum Hof in noch früheren Zeiten vermutlich sogar wesentlich mehr Felder und Wiesen gehörten, lässt eine Bemerkung in Felix Maders Buch über die Geschichte des Schlosses und Oberamtes Hirschberg (1940) im Kapitel über den Pfenninghof vermuten: „1407 bewirtschaftete der Holz Hans den Hof mit einer Gült von 16 Metzen und Haber, hatte aber dazu ein Nebengut bei Grögling „in der Öd“, das größer war als der Pfenninghof.“ Damit kann nur der jetzt verschwundene „Ödhof“ gemeint sein. Dass er damals sogar größer war als der Pfenninghof, will schon was heißen! Etwas später schreibt Mader: „1447 baute Seitz Wittmann den Pfenninghof auf dem ´aidsberg` nebst dem Hof bei Grögling, 1561 Hans Kettenwirt, 1572 Bastl Kettenwirt.“ Mit „bauen“ ist hier natürlich nicht „erbauen“, sondern „bebauen“, das heißt bewirtschaften, gemeint. Die Höfe auf dem Arzberg und im Tal scheinen demnach längere Zeit miteinander verbunden gewesen zu sein.

Mit diesen bis ins Spätmittelalter zurückreichenden Hinweisen dürfte die Existenz des verschwundenen „Ödhofs“ endgültig bewiesen sein. Abbildungen von ihm sind nicht bekannt. Wenn es eine auf ihn bezogene Sage gäbe, wäre das wenig verwunderlich. Um verlassene Orte und Gebäude entstehen leicht Gerüchte, die sich in Form von Geschichten verselbständigen, die dann mehr und mehr mündlich ausgeschmückt und irgendwann sogar niedergeschrieben werden. Aber dafür reicht die Aufgabe des Hofes wohl nicht weit genug in die Vergangenheit zurück.

Repros:

  • DK-Artikel von 1956
  • Blick von Grögling Richtung ehemaligen Ödhof
  • Karteausschnitte von 1806 und 1817 mit dem Ödhof
  • Matrikelverzeichnis-Tabelle des Bistums Eichstätt von 1836 mit dem Ödhof
  • Vier Ausschnitte aus dem Bayernatlas mit Verortung des Ödhofs
  • vier aktuelle Fotos mit Hinweisen zur Orientierung u. gewagte Vermutung zur Lage des Kellers ganz in der Nähe (= Grube mit großen Steinbrocken)