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joomplu:5123Heumahd mit der Mahdsuppe und einem Schnaps

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Der Juni ist seit alters her der Heumonat. In diesen Wochen wurden früher aber auch die auf dem Hof herangezüchteten Rüben auf den Äckern „verstoßen“, wozu man feuchtes Wetter brauchte. Für beides war der Juni geeignet. Manches Jahr war es gar nicht so einfach, das Heu nicht nass werden zu lassen. „Der Vitus schütt` den Kessel aus“, wurde in Kottingwörth dem Kirchenpatron nachgesagt. Im Dorf war die erste Heuernte  meist kurz vor oder nach dem Vitusfest in der Monatsmitte in der Scheune untergebracht. Im August, spätestens in den ersten Wochen des Septembers, erfolgte dann die zweite Mahd.

 

Heute hat sich das Wetter offensichtlich geändert. Derzeit müssen die Landwirte nun wirklich nicht um schönes Wetter für die Heuernte bangen. Ganz im Gegenteil. In den Zeiten des höchstwahrscheinlich begonnenen Klimawandels fehlen die Niederschläge für das Wachstum der übrigen Nutzpflanzen, aber auch für die Natur allgemein. Aber nicht nur das Wetter hat sich geändert, sondern noch viel mehr die Erntearbeiten auf den Feldern und Höfen, wie ein Blick in die Kottingwörther Dorfchronik zeigt. Sie beruht derzeit auf Aufzeichnungen des ehemaligen Hauptlehrers Andreas Ach und dem ehemaligen freien DONAUKURIER-Mitarbeiter Willibald Betz.    

Es ist offensichtlich, dass die Mechanisierung, ja Industrialisierung der Landwirtschaft die Hof- und Feldarbeiten enorm erleichtert, beschleunigt und in jeder Hinsicht modernisiert hat. Wir wissen heute aber auch, dass dies nicht immer zum Wohl der Nutztiere und der Vegetation geschehen ist. Ganz im Gegenteil. Der Ertrag muss stimmen, der riesige Maschinenpark will finanziert sein. So wird heutzutage eine Wiese mindestens dreimal gemäht. Das beginnt schon im Mai. Das Mähgut wird bereits nach einem Tag einsiliert. Mit Kunstdünger und Gülle wird das Wachstum beschleunigt – wenn es genug regnet. 

Das Mähen der Wiesen war noch vor 100 Jahren bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts  eine kräfte- und zeitraubende Arbeit. Die Kottingwörther Chronik besagt, dass um 1900 die Talwiesen zum größten Teil im Besitz von Bergbauern waren. Diese kamen dann zur Zeit der Heumahd „sonntags ins Dorfwirtshaus und dingten sich da für die kommende Heuzeit ihre Mäher. Um 3 Uhr früh standen dann diese auf der taunassen Wiese. Wenn um 7 Uhr die Magd des Bauern mit der Mahdsuppe kam, bestehend aus Geräuchertem, harten Eiern, selbstgebackenem Brot und einem Steinkrug voll Bier, war schon der größte Teil abgemäht. Nach dem Frühstück zischte die Sense wieder weiter bis ungefähr 9 Uhr, denn wenn der Tau weg und das Gras trocken war, wurde das Mähen eingestellt und die Mäher machten im Dorfwirtshaus Brotzeit. Die Magd breitete inzwischen das Gras. Um 10 - 1/2 12 Uhr kamen die Mäher wieder zum Heuen. Oft ging es von einer Wiese zur andern. Nachmittags kam der Knecht, der nach der Vormittagsbrotzeit heimging, mit Pferd und Wagen. Die beiden Wirtshäuser hatten um diese Zeit Hochbetrieb und oft stand die ganze Dorfstraße voll sauber und kunstgerecht geladener Heuwagen. Vor der Abfahrt gab es nochmal eine Stehmaß.“

 

So weit der Chroniktext. Man muss natürlich die Zeitangaben im Vergleich mit heute wegen unserer europäischen Sommerzeit jeweils eine Stunde später ansetzen. Um 4.00 Uhr in aller Frühe ist es durchaus schon hell genug zum Mähen. Man sieht, dass die Heumahd ein tolles Geschäft für die Wirte war und dass die Mäher bereits ein üppiges und deftiges Frühstück für ihre kräftezehrende stundenlange Arbeit brauchten – und auch Pausen, anscheinend am liebsten im Wirtshaus.

Der Chronik-Bericht über die Einweihung der Forster-Wirtschaft im Jahr 1882 kommt ebenfalls auf die Heuernte zu sprechen. Bei der Eröffnung des Gasthauses „wurden auch kleine Mengen Schnaps gestattet.“ Ansonsten werde Schnaps nur äußerst selten getrunken. Es seien  nur die mit Mähen und Heuen beschäftigten Leute, die vor der Arbeit „ehe sie ein Glas Bier trinken, der Gesundheit halber vorziehen, zuerst einen Schluck Branntwein zu sich zu nehmen, wenn sie vor Sonnenhitze von einem Unwohlsein befallen werden.“ 

Heute sind die Talwiesen im Besitz der ehemaligen Talbauern. Wie ist dieser Besitzerwechsel zu erklären. Auch hier hilft die Chronik weiter. Sie nennt zwei Hauptgründe dafür: Durch die vermehrte Ausbringung von Kunstdünger „wurden die Hektarerträge der Äcker derart gesteigert, dass es den Bergbauern möglich war, aus Feldern Wiesen zu machen.“ Man muss bedenken, dass die weit entfernten Talwiesen mit den Pferde- oder gar Ochsengespannen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts für die Bergbauern nur unter großem Zeitaufwand zu bewirtschaften waren. Noch dazu musste immer der Höhenunterschied von Berg und Tal bewältigt werden. Als zweiter Grund wird die Altmühlregulierung von 1927/28 genannt. Der dafür gegründete Wasserverband habe für die Finanzierung anfangs jährlich 28 Reichsmark pro Tagwerk berechnet. Da durch die Regulierung der Grundwasserspielgel zunächst einmal absank und die Erträge der Wiesen ebenso sanken, statt – wie versprochen – zu steigen, „hatten die meisten Bergbauern keine Freude mehr an ihren Wiesen“, so die Chronik. „Die Kottingwörther, die früher nur die Gründe an den Hängen hatten, das heißt zwischen Wald und Tal, waren froh, Grund im Dorfbereich erwerben zu können.“ Einige Bergbauern hätten aber nicht verkauft, sondern verpachtet.   

Heute gibt es in Kottingwörth nur noch drei Nebenerwerbslandwirte, 1972 waren es laut Chronik noch drei „Nurlandwirte“. Ein Großteil der Wiesen und Äcker wird jetzt wieder von den Bergbauern in Pacht bewirtschaftet. Am deutlichsten wird dies, wenn die zum Teil riesigen, mit ausladenden Arbeitsgeräten bestückten Traktoren durchs Dorf fahren – zu gewissen Zeiten auch mit voluminösen Güllewagen im Schlepptau. Wer sie nicht gesehen hat, der riecht sie bald.

Nach dem II. Weltkrieg hat auch in Kottingwörth der landwirtschaftliche Aufschwung eingesetzt. Um 1900 verzeichnet die Chronik nur vier Pferdebauern, 1961 etliche Zugmaschinen und nur noch zwei Gäule. In 11 Scheunenneubauten gebe es auch Heuaufzüge, in neun Viehställen Selbsttränken. Damals ein Riesenfortschritt, heute nur noch belächelt. So ändern sich die Zeiten. Sind sie für Mensch, Tier und Natur auch besser geworden? Bestimmt nur teilweise!

 

Fotos:

 

  • Xaver Beer („da Wonga“) hat gerade die Brücke mit einem Wagen, der auch zum Heueinholen geeignet ist, überquert - wohl wegen des Brückenschmucks auf die Tage des Empfangs des neuen Pfarrers Andreas Mayer im Jahr 1950 zu beziehen
  • Heuaufbereitung im Juni 2019