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Ortsversammlung

zur Juraleitung im Bereich Amtmannsdorf, Kottingwörth, Pfenninghof

Ein Bericht und Appell

- am Schluss mit LINK zur TENNET-Internetseite - 

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Fotos

Das war wirklich eindrucksvoll! Mindestens 120 hoch motivierte Frauen und Männer aus Kottingwörth, Leising und nicht wenige auch aus Amtmannsdorf trafen sich am Montagabend im großen Maurerwirtsaal zur Ortsversammlung in Kottingwörth. Ortssprecherin Brigitte Frauenknecht hatte alle Dorfbewohner dazu eingeladen, um Argumente gegen die Stromtrasse, vor allem die neue Trassenvariante nahe Kottingwörth quer durchs Tal südöstlich vom Dorf zu sammeln. Zugleich war dies ein Test, inwieweit sich die Dorfbewohner von der möglichen „Monsterstromleitung“ betroffen fühlen. Das Echo war überwältigend!

 

Erst am 30. Mai war durch einen DONAUKURIER-Bericht die angedachte 380-Kilovolt Juraleitung-Variante in der Nähe der drei Orte wie aus heiterem Himmel bekannt geworden. Trotz der kurzen Zeitspanne  zeigte sich Ortssprecherin Brigitte Frauenknecht sehr gut vorbereitet, soweit dies eben für einen technischen Laien möglich ist. Die von ihr gesammelten fundierten Informationen und das Kartenmaterial mit den ins Auge gefassten Stromtrassenvarianten wurden mit einem Beamer auf einer großen Leinwand für alle gut sichtbar visualisiert. Sie bildeten eine sehr gute Diskussionsgrundlage. Jeder konnte nicht nur hören, sondern auch deutlich sehen, worum es geht. Allerdings muss hier schon vermerkt werden, dass das Kartenmaterial der TENNET, im Internet für jedermann einsehbar, fast schon blamabel ist: Es enthält einerseits immer noch den „Tiergarten“ aus längst vergangenen Leibrecht-Zeiten auf dem Südhang über Leising, andererseits kann man beim Steinbruch nur „Kalk“ als Eintrag lesen. Dass der Steinbruch 2008 mit der Nummer 51 in die Liste der schönsten Geotope Bayerns aufgenommen worden ist, fand bei den Trassenplanern offenbar überhaupt keine Berücksichtigung. Vertrauenswürdige Planungssorgfalt sieht anders aus!

Nicht nur das große Interesse war äußerst erfreulich, sondern auch die sachliche, konstruktive Diskussionsweise. So konnte ein breites Spektrum überzeugender Argumente gegen die neue Trassenvariante gefunden werden:

  1. Soeben genannt: Das Geotop fand überhaupt keine Berücksichtigung, obwohl die Stromtrasse ganz in der Nähe verlaufen würde. Der ehemalige Steinbruch wird von Besuchern stark frequentiert. Familien mit Kindern sind dort häufig anzutreffen und halten sich zum Teil stundenlang, zum Beispiel beim Fossiliensuchen, auf. Außerdem finden regelmäßig Führungen statt und am „Tag des Geotops“ sollen bayernweit die Besonderheiten der Geotope einem möglichst breiten Publikum vormittelt werden. Sie alle wären dem starken Strahlungs- und Magnetfeld der Höchstspannungsleitung ausgesetzt! Da lobt man mit großem Aufsehen eine geologische Sehenswürdigkeit aus, stellt eine wetterfeste Infotafel für Besucher auf, und dann soll da wegen der Strahlenbelastung  keiner hin!?
  1. Niemand weiß, wie schädlich vor allem das starke Magnetfeld im Bereich der Leitung für die Pflanzen- und Tierwelt und vor allem natürlich für die Gesundheit des Menschen ist. Wissenschaftliche Untersuchungen widersprechen sich bekanntlich. Nur eines ist gewiss: die Ungewissheit! Man weiß, dass sich im Vergleich zur bisherigen 220 KV-Leitung bei einer 380 KV-Leitung die Stromstärke von 650 A auf 3600 bis sogar 4000 A erhöht. In 100 m Abstand ist eine 20-fach höhere Bestrahlung und ein viermal höherer Einwirkungsbereich der Magnetfelder zu messen. Nicht umsonst soll ja ein 400 Meter-Abstand zu den Ortschaften eingehalten werden. Kottingwörth betreffend ist das der Fall. Ob das reicht, weiß wie gesagt niemand mit Sicherheit. Aber was ist mit der Kottingwörthermühle und mit dem Pfenninghof? Das sind keine 400 Meter! Solche kleineren Ansiedlungen werden als „außerorts“ eingestuft; hier ist plötzlich ein Abstand von 200 m erlaubt. Aber dort wohnen doch auch Menschen! Nur weil es weniger sind, sind sie weniger schützenswert?! Was ist das für eine krude Rechtsauffassung! Wo bleibt hier die Gleichbehandlung? Sind das Menschen zweiter Klasse? Wie kann man so ein Vorgehen rechtfertigen? Das widerspricht jedem gesunden, logischen Rechtsempfinden und der staatlichen Fürsorgepflicht!
  1. Die Karten zeigen auch, dass die Stromtrasse Teile des Wasserschutzgebiets überquert. Hat das Einfluss auf die Qualität des Trinkwassers? Wurde das bei der Planung der Trasse ausreichend oder überhaupt bedacht?
  1. Der Arzberg ist als Landschaftsschutzgebiet, Biotopfläche und Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Im Steinbruch selbst sind Wanderfalken zu beobachten. Er ist ein FFH-Gebiet gemäß der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie. Wurden diese Fakten berücksichtigt? In den TENNET-Karten ist nichts zu finden. Wenn der Naturschutz in Zeiten des ständig beklagten Artensterbens etwas zählt, dann müssten eigentlich diese Umstände schon ausreichen, hier keine neue riesige Stromleitung zu bauen.
  1. Außerdem wurde darauf verwiesen, dass in beide steile Talhänge breite Schneisen in die Wälder geschlagen werden müssten, Richtung Pfenninghof sogar schräg in den Hang hinein. Zusammen mit den bis zu 75 m hohen Strommasten wäre dieser Kahlschlag eine optische Katastrophe! Da will man mit einem teuren GEK-Dorferneuerungsprogramm die Lebensqualität im Dorf anheben und dann setzt man dem „Erholungsort Kottingwörth“, wie auf einem kleinen Schild am Ortseingang auf dem Sandweg von Grögling her vermerkt ist, so eine optische Katastrophe vor die Haustür! In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden regelmäßig Gesuche von Grundstücksbesitzern abgelehnt, auf der Sommerleite ein Baugebiet auszuweisen. Unter anderem wurde das mit der Verschandelung des Ortsbildes begründet. Jetzt auf einmal soll das nicht mehr gelten?
  1. Es wurde auch vermerkt, dass der verkarstete Untergrund eine aufwendige Konstruktion der Fundamente für die Strommasten erforderlich machen würde. Mehr Aufwand – mehr Kosten. Der mit der Planung und dem Bau beauftragten TENNET, dem niederländischen Staatskonzern, ist das egal. Ganz im Gegenteil! Je höher die Kosten, desto größer der zu erwartende Gewinnanteil. Die TENNET freuts: höherer Gewinn! Und wer zahlt? Die Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt, wir zahlen also alle über den höheren Strompreis. Für die TENNET spielt Geld keine Rolle, aber…!
  1. Am Abend kam auch die Frage auf, ob das sündteuere Leitungsprojekt überhaupt nötig Überall bilden sich Bürgerinitiativen, die auf dezentrale Stromversorgung setzen und behaupten, dass die Lieferung von Nordseestrom in den Süden Deutschlands gar nicht nötig sei. Es sei letztlich die Frage, was man von staatlicher Seite will, wie also die Fördermittel eingesetzt werden. Die vor etlichen Jahren begonnenen Trassenplanungen entsprächen heute nicht mehr der Realität. Eine dezentrale Stromversorgung sei technisch durchaus möglich und für Mensch und Natur verträglicher. Man müsse sie nur ernsthaft wollen und dürfe nicht nach der Pfeife der großen Stromkonzerne tanzen. Statt sich von den Planern gegeneinander ausspielen zu lassen, indem jeder dem anderen die Trasse zuschiebt, sollte man doch ganz darauf verzichten – da dies möglich ist und sogar billiger und in jeder Hinsicht vernünftiger. Hier müsse man sich näher informieren, evtl. bei einer Veranstaltung mit einer nahen Bürgerinitiative.
  1. Die TENNET hat wohl auch nicht den regen Flugverkehr aufgrund des Beilngrieser Flugplatzes berücksichtigt. Regelmäßig sind über dem Tal und dem Arzberg Segel- und Motorflugzeuge sowie zu sehen und leider auch zu hören. Da Kottingwörth nicht überflogen werden darf, müssen die Flugzeuge entweder nach links Richtung Pfenninghof oder nach rechts Richtung Amtmannsdorf, also jeweils Richtung Stromleitung ausweichen. Vor wenigen Tagen erst musste ein Segelflugzeug sogar auf einer Wiese gegenüber der Kottingwörthermühle notlanden, wie vor einigen Jahren schon einmal ein anderer Segelflieger. Wie verträgt sich dieser rege Flugverkehr mit einer so hohen Stromleitung quer über das Tal und die Anhöhen?
  1. Betrachtet man den Trassenverlauf insgesamt, dann stellt man in unserer Region plötzlich eine auffällige Verbreiterung des dafür vorgesehenen Korridors fest. Warum? Weil plötzlich auch eine Trasse in unserer Nähe verläuft. Das geht wohl auf einen jüngeren Vorschlag des Dietfurter Stadtrats zurück, sodass auf die Schnelle und offenbar ohne genauere Prüfung eventueller Umstände, die dagegen sprechen (siehe oben), diese Ausweitung in Kauf genommen wurde. Also ein unüberlegter Schnellschuss! Eigentlich ein Armutszeugnis und vielsagend über die Arbeitsweise der Planer. 

     Neue Argumente, die bei der Ortsversammlung nicht explizit zur Sprache kamen: 

10. Im Bayernatlas ist der Arzberg als Hangrutschgebiet ausgewiesen.

11. Zwischen Amtmannsdorf und Vogelthal gibt es mehrere Dolinen.

12. Der betroffene Bereich zwischen Beilngries und Dietfurt stellt den letzten Abschnitt des Altmühltals dar. Bei Dietfurt geht die                    Altmühl in den Rhein-Main-Donau-Kanal und existiert im folgenden Verlauf nicht mehr als selbstständiges Fließgewässer. 

13. Zwei unverbaute Täler, das Altmühltal und das Ottmaringer Tal, werden durch die Trasse gequert, was natürlich auch einen                    höheren Kostenaufwand bewirkt. Durch die beiden Täler verlaufen mehrere lokale Wanderrouten und bedeutende Fernrad- und                      Fernwanderwege. Die massive Bauweise der Höchstspannungsleitung hätte eine fatale landschaftsästhetische Fernwirkung auf                      Einheimische und Touristen - gerade in einem Freizeit- und Erholungsgebiet.

14. Der gesamte Bereich liegt im Naturpark Altmühltal und ist durch die Schutzbestimmungen der Naturparkverordnung des                      Naturparks Altmühltal Südliche Frankenalb geschützt. Artikel 8 bestimmt, dass Ausnahmen von den Schutzbestimmungen nur für          bestehende Anlagen, aber nicht neue gelten.

  1. Der Arzberg ist der größte Inselberg Europas. Er würde in seiner ökologischen (siehe weiter oben) und landschaftlichen Einzigartigkeit stark beeinträchtigt – zusammen mit seinem prämierten Geotop, bestehend aus den vor ca. 150 Millionen Jahren im flachen Juraschelfmeer entstandenen Malmschichten, die wegen ihres Leitprofilcharakters von hohem wissenschaftlich-geologischem Wert sind.
  2. Zwischen Kottingwörthermühle und Grögling müsste eine bestehende Stromleitung überkreuzt werden.

Die sind – vorläufig – die wesentlichen  Argumente gegen eine Trassenführung nahe Kottingwörth.

Sollte ein Versammlungsteilnehmer etwas vermissen oder ergänzen wollen, sollte er dies der Ortssprecherin oder dem Verfasser dieses Textes, Josef Wittmann, möglichst bald mitteilen. Gut geeignet für einen Gedankenaustausch sind sicherlich die Zusammentreffen beim FSV-Jubiläum (6. Juli) und beim Dorffest an den folgenden beiden Wochenenden. Natürlich sind wir für weitere Argumente jederzeit dankbar!

Auf der Versammlung kam mehrfach zum Ausdruck, dass man hier vom Bürgermeister und Stadtrat volles Engagement erwartet. Der Stadtratsbeschluss vom 4. Juli lässt dies erwarten. Aber auch das Wasserwirtschaftsamt, die Naturschutzbehörden des Landkreises und andere zuständige Behörden sind aufgerufen, hier Flagge zu zeigen. Beim Maßregeln von Bürgern bei diversen Verstößen muss man sie schließlich auch nicht zweimal bitten!

Ganz wichtig ist, dass möglichst viele bis zum 31. Juli ihre Einwände auf folgender Internetseite der TENNET vorbringen. 

Einfach anklicken:

https://gis.arcadis.nl/age_prod/juraleitung/

HINWEIS: Wer mit dieser Internetseite nicht zurechtkommt, kann seine Einwände auch per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder per                           normalem Brief bei der TENNET vorbringen!

Jeder einzelne Einwand muss geprüft werden!

Lernen wir von Greta und den ihr folgenden Schülerinnen und Schülern, die sich auf bewundernswerte Weise für den Klimaschutz einsetzen. Man sieht hier, was eine Einzelperson erreichen kann. Nichts fürchten die „Entscheider“ so sehr, wie ein öffentliches Aufsehen, eine schlechte Presse, eine kritische, lautstarke Öffentlichkeit.

Wie es weitergeht, werden wir in der Presse und hier auf unserer Homepage demnächst bekannt geben.

Das war ein ermutigender Start. Weiter so!

 

      Josef Wittmann