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Bittgänge und Flurumgang um Christi Himmelfahrt: Religiöse Bräuche früher und heute in der Pfarrei Kottingwörth und darüber hinaus

Bittgang im Jahr 2018

Immer am Dienstag vor Christi Himmelfahrt machen sich Gläubige aus der Pfarrei Kottingwörth zu einem traditionellen Bittgang auf, und zwar abwechselnd zu den Filialkirchen in Leising und Grögling. Mit Gebeten und Liedern begleiteten heuer rund 20 Frauen und Männer Kaplan Christof Schaum bei schon sommerlichen Temperaturen nach Grögling. In der schön restaurierten kleinen Kirche fanden sich dann neben dem kirchlichen Dienst insgesamt 30 Teilnehmer zur Schauermesse ein, die mit dem Wettersegen endete. Wie schon beim Bittgang wurde Gott vornehmlich um gedeihliches Wetter gebeten. Das alte bayerische Wort „Schauer“ bezeichnete ursprünglich ja den Hagelschlag. Somit sind Schauermessen Gottesdienste mit der besonderen Intention, von Gott die Abwendung von Hagelschauern oder auch anderen Unwettern zu erbitten. Bei der Rückkunft am Feldkreuz an der Mühlleiten-Siedlung bedankte sich der Geistliche bei den Teilnehmern und lud zugleich zum Bittgang nach Leising im nächsten Jahr ein.

 

Albert Bichler schreibt auf Seite 75 in seinem Buch „Wie`s in Bayern der Brauch ist“ zu den Bittgängen:

Früher wurde eine gute Ernte erbetet, vor allem an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt, den Bitttagen. Nach alter Tradition machten sich die Gläubigen frühmorgens, zusammen mit einem Geistlichen und den Ministranten, auf den oft langen Weg zu einer Kirche in der Nachbarschaft oder auch in der weiteren Umgebung. Bei diesen Bittgängen wurde den Betenden ein mit Blumen geschmücktes Kreuz vorangetragen, weshalb man sagte „mit dem Kreuz gehen“. Das erklärt auch den Namen „Kreuz-“ oder „Bittwoche“.

Es hatte seine feste Ordnung, zu welcher Kirche man an den Bitttagen ging. Jede Pfarrei fühlte sich einigen Kirchen besonders verbunden, die in den Tagen vor Christi Himmelfahrt seit Generationen aufgesucht wurden.[…]

Am Ende des Gottesdienstes erteilte der Pfarrer mit dem „Wetterkreuz“ den Wettersegen, um von der Ernte alles Schädliche, wie lange Nässe und Dürre, vor allem aber Blitz und Unwetter abzuhalten.  Nach gutem Brauch gehörte zu einem richtigen Bittgang auch eine Einkehr in einem Gasthaus, wo man sich bei Bier und „Kreuzwurst“ für den Heimweg stärkte. […]


Neben den großen Bittgängen […] wurden auch  kleinere Flurprozessionen abgehalten. Dabei ging man mit vorangetragenem Kreuz lediglich um das Dorf, an einer Feldkapelle wurde angehalten und der Wettersegen gespendet.

 

Zu dem im Buchtext angesprochenen „Wetterkreuz“ weiß Xaver Meyer in Bezug auf Kottingwörth Interessantes zu berichten:

"Bei uns wird der Wettersegen seit vielen Generationen mit dem sogenannten Kreuzpartikel gespendet. Das ist eine kleine vergoldete Monstranz mit einem eingeschlossenen Holzspan, der mit einem Teil vom echten Kreuz Christi in Berührung gekommen sein soll."

 

Bittgänge in der Pfarrei Kottingwörth in den 50er Jahren und darüber hinaus

In unserer schnelllebigen, modernen Zeit wird so manch Althergebrachtes aufgegeben und die Erinnerungen daran verblassen. Heutzutage ist vor allem das religiöse Brauchtum davon betroffen, zum Beispiel die Bittgänge oder der Flurumgang, die vor und an Christi Himmelfahrt üblich waren, später der Flurumgang auch am Pfingstmontag.

Eine Gelegenheit, in Erinnerungen zu schwelgen, sind die Zusammenkünfte anlässlich von Geburtstagen betagterer Menschen. So war dies auch am Montag, den 14. Mai 2018, als Ruppert Meyer aus Kottingwörth seinen 85. Geburtstag feierte und unter anderem seinen Bruder Xaver zu Gast hatte. Wenn jemand darüber Bescheid weiß, wie das mit den Bittgängen früher war, dann die beiden, denn Ruppert war von 1950 bis 1962 Mesner der Pfarrei St. Vitus und wurde dann von seinem Bruder Xaver abgelöst, der dieses Amt seither ausübt – mit einer Unterbrechung von 1987 bis 2006 während seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Mesner in Beilngries. Und selbst die beiden haben zum Teil Mühe, sich an Details zu erinnern, wobei vor allem genaue Jahreszahlen Schwierigkeiten bereiten. Übrigens, was nur noch wenige ältere Dorfbewohner wissen: Seit den 30er Jahren bis zu seinem Tod am 11. Januar 1950 war Lorenz Schleer der Mesner in Kottingwörth gewesen.

Einen Flurumgang gibt es in der Pfarrei Kottingwörth überhaupt nicht mehr, von den ehemals vier Bittgängen ist nur einer übrig geblieben – jährlich abwechselnd nach Grögling und Leising. 2018 haben sich rund 20 Personen daran beteiligt, darunter kein einziges Kind, abgesehen von den beiden Ministranten (siehe oben). „Früher war das ganz anders“, erinnern sich ältere Leute und die beiden Brüder.

Einen ganz wesentlichen Grund sehen sie im Priestermangel: Früher hatte jedes einigermaßen große Dorf seinen Pfarrer, jetzt sind Pfarreien zusammengelegt oder mehrere Dörfer werden einer Stadtpfarrei zugeordnet wie auch Kottingwörth dem Pfarrverbund Beilngries. Wollte man die Bittgänge wie zu früheren Zeiten aufrecht erhalten, käme es unweigerlich zu Terminüberschneidungen. Mit anderen Worten: Die Zahl musste auf ein Minimum beschränkt werden. Außerdem: Wie viele Gläubige würden sich denn heutzutage noch in die Prozessionen einreihen? Schon der eine Bittgang ist für die meisten kein Anreiz mehr – und es wird wohl eher noch schlimmer als besser.

Im Kalendarium 2018 der Diözese Eichstätt heißt es unter Punkt 1 der „Hinweise für die Bitttage“: Die Tage vor dem Hochfest Christi Himmelfahrt werden als Bitttage begangen. Alle wesentlichen Bereiche des menschlichen Lebens, alle Gefahren und Sorgen unserer Zeit, die Anliegen der Pfarrgemeinde und der ganzen Kirche sollen in das Gebet einbezogen werden.

Früher galten die drei Tage vor Christi Himmelfahrt als Bitttage. Die Bittgänge fanden am Morgen statt, das heißt, für die Schulkinder fielen die ersten Unterrichtsstunden aus, da auch der Lehrer mit dabei war. In Kottingwörth waren dies zuletzt die Volksschullehrer Xaver Leistl (von 1929 bis 1950 - mit Unterbrechung im Krieg) und Andreas Ach (von 1951 bis 1969). Das hieß aber auch, dass alle Schülerinnen und Schüler bei diesen Werktags-Prozessionen dabei waren. Für die Vogelthaler Schüler, die ja zusätzlich den Schulweg den Talhang hinab nach Kottingwörth und dann wieder bergauf zurück bewältigen mussten, bedeutete das erhebliche körperliche Belastungen. Der am 4. März 2018 verstorbene Franz Neger aus Vogelthal hat das einmal bei einem Gespräch mit Senioren treffend zusammengefasst: „Die Bittwoche war für uns Schüler die Woche des Martyriums!“ Das Prozessionskreuz trug nach dem Krieg der Rackl-Opa (als „der alte Rackl“ in guter Erinnerung), der manchmal seinen Ärger mit der Disziplin der ganz weit vorne gehenden Lausbuben hatte, unter denen er sich bewegte. Diesen war nicht immer nach Beten zumute. Ärger war vor allem vorprogrammiert, wenn es schon Maikäfer gab. Diese haben die Flegel  geschickt von den Sträuchern am Wegrand geschüttelt und Mädchen in den Nacken gesteckt, um ihren Spaß zu haben.

Laut der Erinnerung von Xaver und Rupert Meyer war der erste Bittgang in Kottingwörth aber traditionell bereits am 25. April, am Markustag, zur Filialkirche nach Leising. Diese Markusprozession bildete auch in manchen anderen Regionen  traditionell den Auftakt zu den Bittprozessionen des Frühlings. In den 50er Jahren benutzte man dazu hin und zurück die Staatsstraße, damals noch eine Schotterstraße. Beim heutigen Verkehrsaufkommen gar nicht mehr vorstellbar! Wohl auch deshalb ging man schon in den 60er Jahren - so wie heute jedes zweite Jahr - auf dem Feldweg, der auf der Altmühlseite verläuft und direkt zur Leisinger Altmühlbrücke führt. Dieser April-Termin wurde in späteren Zeiten aufgegeben. Am Montag vor Christi Himmelfahrt war der Bittgang zur Filialkirche nach Grögling, am Dienstag (wieder) nach Leising und am Mittwoch zur damaligen Hauskapelle der Kottingwörthermühle.

Der „Schauerfreitag“ – eigentlich der Flurumgang für Vogelthal

Aber es gab ja auch noch den sogenannten „Schauerfreitag“ unmittelbar nach Christi Himmelfahrt. Hieran beteiligten sich aber aus Kottingwörther Sicht nur der Geistliche, der Lehrer und zwei Ministranten. Im Wesentlichen waren das die damaligen Kottingwörther Pfarrer Johann Ritter (von 1946 bis 1950) und Andreas Mayer (von 1950 bis 1974). Bei den nächsten Geistlichen (Pfarrer Johann Distler, 1974 -1977; Pfarrer Ferdinand Albrecht, 1977 – 1990 und Pfarrer Reinhard Pasel, 1990 – 2003)   wurde es schon schwieriger, den Ablauf aufrecht zu erhalten, da sie ja noch für andere Pfarreien mitverantwortlich waren, zunächst auch für Töging und Pfarrer Pasel dann zusätzlich noch für Eutenhofen. So soll er einmal bei einer abendlichen Prozession in Eutenhofen gesagt haben, dass dies bereits seine dritter Bittgang an einem Tag sei. Zur Zeit von Pfarrer Distler und Pfarrer Albrecht wurde deshalb auch der Flurumgang von Christi Himmelfahrt auf den Pfingstmontag verlegt.

Der Bittgang am „Schauerfreitag“ hatte also einen besonderen Charakter: Pfarrer und Lehrer machten sich mit den zwei Ministranten  – Ministrantinnen gab es ja damals noch nicht – zunächst auf den Weg nach Grögling zur Filialkirche. Hier war ein erster Altar aufgebaut, bei dem Gröglinger und Vogelthaler auf die Ankunft des kirchlichen Dienstes warteten. Dann ging es  zusammen den steilen Anstieg hinauf durch den Wald nach Vogelthal. „Da hat der Pfarrer oft ganz schön g`schnauft“, erinnert sich Xaver Meyer. Die Prozession in Vogelthal war letztlich  ein Flurumgang mit drei Altären. Und wer hat währenddessen im Kottingwörther Schulhaus den Unterricht bestritten, der Lehrer war ja unterwegs? Da gab es eine einfache Lösung: Die Volksschule war damals in die vier Unter- und die vier Oberstufenklassen aufgeteilt. Während der Abwesenheit des Lehrers musste die Unterstufenlehrerin, in diesen Jahrzehnten  Frau Elfriede Lommer, Frau Gunda Reinwald und Frau Roswitha Schmidl, die fünfte bis achte Klasse mitbetreuen.

Die zwei Ministranten waren am „Schauerfreitag“ gerne unterwegs, wie sich die beiden Zeitzeugen als ehemalige Messdiener schmunzelnd erinnern: Und zwar nicht in erster Linie, weil etliche Unterrichtsstunden für sie ausfielen. Nein, nach der Prozession wurde nämlich beim Wirt in Vogelthal eingekehrt. „Da gab`s ein Oireschmoiz und dann noch Kaffee und Kuchen – und das an einem Freitag!“, erinnert sich Xaver Meyer an das üppige Festmahl.

So waren die Gläubigen um Christi Himmelfahrt viel unterwegs und haben für das Bitten um gedeihliches Wetter viel Zeit investiert und auch Mühen auf sich genommen. Der Glaube, dass mit Bittgängen oder dem Flurumgang Unwetter abgehalten werden könnten, war damals noch viel stärker ausgeprägt. Es gab ja auch noch viel mehr kleine und mittlere Landwirte, deren Einkommen, ja Existenz von Unwettern stark beeinflusst bzw. gefährdet wurde. So wusste Pfarrer Pasel dazu eine treffende Anekdote zu erzählen: „Im Salzburger Oberland beschwerten sich 1898 die Bauern beim Bischof über ihren Pfarrer. Er handhabe offensichtlich den Wettersegen zu nachlässig, sonst würden ja schließlich nicht wegen der langen Regenperiode die Felder unter Wasser stehen.“

Ob der Glaube der Kottingwörther bei einem ähnlichen Ereignis, an das sich Xaver Meyer erinnert, erschüttert wurde, muss offen bleiben: Kaum hatte sich die Prozession von der Kirche wegbewegt, entluden die aufgezogenen dunklen Wolken Unmengen von Wasser über den Teilnehmern. Weil damals (1966) gerade die Dorfstraße asphaltiert wurde und auch Abwasserkanäle für das Oberflächenwasser verlegt wurden, standen am heutigen Spielplatz im Dorfzentrum einige Bauhütten, in die sich die Teilnehmer zu flüchten versuchten, vorneweg der Rackl-Opa mit dem Kreuz.

Der große Flurumgang 

Der größte Bittgang um gedeihliches Wetter war sicherlich der sogenannte große Flurumgang – zunächst an Christi Himmelfahrt, später am Pfingstmontag. Es wurden die Feld- oder Wetterkreuze an den Ausfallstraßen des Dorfes aufgesucht, die von der Kirche aus etwa in die vier Himmelsrichtungen weisen. „In den 50er Jahren war man da den ganzen Vormittag unterwegs“, erinnern sich die beiden Brüder. Kein Wunder, damals war einer der vier Altäre zunächst sogar in Leising! Die erste Station war am Feldkreuz zwischen den beiden großen Bäumen bei der Einmündung der Dorfstraße in die Staatsstraße nach Beilngries (NORDEN), dann ging´s auf der Staatsstraße nach Leising zum Altar vor der Filialkirche. Später wurde auf diesen weiten Weg verzichtet und man machte den dritten Halt beim Feldkreuz an der Abzweigung zur Kottingwörthermühle bzw. an der heutigen Mühlleiten-Siedlung (SÜDEN). Von Leising ging es in den 50ern auf der damals nur wenig befahrenen Hauptverkehrsverbindung wieder zurück über den „Lichtweg“ zur dritten Station beim Beer-Haus an der Einmündung der heutigen Dietfurter Straße (OSTEN). Der letzte Altar wurde am Feldkreuz am Oberauweg gegenüber dem alten Sportplatz aufgebaut (WESTEN). Wer würde das heutzutage noch mitmachen?! Auch älteren Geistlichen war das nicht mehr zuzumuten.

In diesem Zusammenhang erinnert sich Xaver Meyer an eine Besonderheit: „Beim Flurumgang in den 50er Jahren hat der alte Ziegler ein kleines Tischchen geschultert und jeweils an den Stationen als provisorischen Altar aufgestellt. Auch ein Knieschemel für den Priester wurde mitgetragen.“

Der hatte beim Flurumgang durchaus Schwerarbeit zu verrichten, denn er hat die große Monstranz mitgetragen. Bekleidet war der Geistliche mit dem sogenannten Rauchmantel, dessen schwere „Flügelspitzen“  seitlich mitgehend vom 1. und 2. Bürgermeister gehalten wurden. Bei der Verlesung des Evangeliums hielt der Mesner das Velum, das er dem Priester danach wieder umhängte.  Das Schultervelum trägt der Priester bei  solchen Prozessionen – wie heute noch bei der Fronleichnamsprozession - über dem Rauchmantel Es hat auf der Innenseite oben zwei Taschen, so dass der Priester die Monstranz selbst nicht unmittelbar berührt. Sie dienen zugleich als Stützen für seine Unterarme, sonst hätte er die große Monstranz auf Dauer über so weite Strecken nicht vor sich hertragen können. Überwölbt wurden diese Personen – wie noch bei den heutigen Fronleichnamsprozessionen -  vom sogenannten Himmel, der von vier Gemeinderatsmitgliedern getragen wurde. Vor oder links und rechts von dieser zentralen Prozessionsgruppe bewegten sich noch die beiden von vorneherein festgelegten Stablaternenträger. Angeführt wurde der Flurumgang – wie auch die Fronleichnamsprozession – von den zwei Prozessions-Fahnenträgern. Ihnen schlossen sich  gemäß der Prozessionsordnung die Kinder, getrennt von diesen die Kommunionkinder in ihrer festlichen Kleidung, dann die angesprochene  zentrale Gruppe an, der – wie bei heutigen Prozessionen - zuerst die Männer und am Schluss die Frauen folgten und folgen.

Anfang der 60er Jahre verzichtete man dann auf den weiten Weg nach Leising und es kristallisierten sich andere Altarstationen heraus: Zuerst verlief die Route wie gehabt zum Feldkreuz am Herrler-Haus, dann ging`s am Wassersteg entlang zurück und über die Turnwiese und auf einem Wiesenweg entlang am neuen Trainingsplatz, früher einem Acker,  zum zweiten Altar an der Ecke beim heutigen Schmid-Grundstück. Von hier bewegte sich der Zug durch das Dorf über die Brücke zum Feldkreuz an der heutigen Mühlleiten-Siedlung und dann zum vierten und letzten Altar beim Feldkreuz gegenüber dem alten Sportplatz. Heutzutage sind die Feldkreuze in der Nähe der beiden Fußballplätze nicht mehr vorzufinden, die beiden anderen sehr wohl.

Zum  Feldkreuz an der Mühlleiten-Siedlung:

Der DONAUKURIER (DK) hat am 7. April 1951 Folgendes berichtet:

Kottingwörth. Am Donnerstag wurde das Wegkreuz an der Straße nach Vogelthal von der Firma Regnath neu errichtet. Arbeiter stießen beim Aufstellen des Kreuzes auf eine alte Salvator-Säule, die als Inschrift die Buchstaben BF und die Jahreszahl 1824 trägt. Die Säule wurde neben dem Wegkreuz aufgestellt.

 

Und am 23. Mai 1988 berichtet der DK in einer Bildunterschrift zur Flurprozession:

Am Pfingstmontag wurde in der Pfarrei Kottingwörth die Flurprozession durchgeführt. An vier Altären erbat Pfarrer Ferdinand Albrecht in den Fürbitten das Gedeihen der Früchte auf den Feldern und Schutz gegen Unheil. Am dritten Altar weihte der Geistliche das von der Firma Regnath neu erstellte Feldkreuz.

 

Am 18. Mai 2011 war im DK zu lesen (siehe auch bei den Fotos):

Wegekreuz erstrahlt in neuem Glanz

Eigentlich wollte Marianne Mayer, die Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Kottingwörth, das Wegekreuz an der Abzweigung in Richtung Kottingwörthermühle ursprünglich nur vom unschönen Gestrüpp befreien und den Platz neu bepflanzen. Aber nach der Entfernung des total verwilderten Bewuchses und bei der Begutachtung des Kreuzes stellte sich heraus, dass das Holz schon sehr vermodert war und die beiden Balken erneuert werden mussten. Am Samstagnachmittag war es so weit: Am gewohnten Platz steht wieder ein imposantes Kreuz am Straßenrand. Das christliche Symbol, das vor allem in Bayern häufig in freier Natur zu finden ist, erstrahlt in neuem Glanz.

Die vergoldeten Figuren, der gekreuzigte Christus und seine schmerzensreiche Mutter Maria darunter, glänzen nach der intensiven und liebevollen Renovierung durch Xaver Meyer wie neu. Längs- und Querbalken wurden von der Firma Regnath gestiftet und von Konrad Biedermann zusammengefügt. Martin Beckenbauer montierte das von der Firma Gerhard Beer gespendete Kupferblech, um das Holz vor von oben eindringender Nässe zu schützen.

In unmittelbarer Nähe des neuen Baugebiets im Süden des Dorfes wirkt das erneuerte Kreuz wie ein Startsignal zur Errichtung neuer Häuser im erst vor wenigen Tagen fertiggestellten Wohnareal. Auch die angrenzende Straße zur Kottingwörthermühle wurde frisch geteert.

Das Kreuz ist eines der ehemaligen vier Wetterkreuze an den Ausfallstraßen des Dorfes. Von der Kirche aus weisen sie etwa in die vier Himmelsrichtungen Osten, Süden, Westen und Norden. Noch während der Amtszeit von Pfarrer Ferdinand Albrecht bildeten sie die Stationen bei der Flurprozession, auch  „Flurumgang“ genannt. Bei dieser Bittprozession wurde unter anderem der Wettersegen gespendet, der die Feldfrüchte vor Unwettern schützen und eine reiche Ernte sichern sollte. Nach Einstellung dieses religiösen Brauchtums, wohl auch deshalb, weil immer weniger Dorfbewohner von landwirtschaftlichen Erträgen abhängig waren, sind zwei der vier Kreuze, nämlich das westliche am alten Sportplatz und das östliche beim Grundstück der Familie Schmid in der Nähe des neuen Sportplatzes, schon vor Jahren entfernt worden. Das nördliche Kreuz neben dem Wohnhaus der Familie Herrler und das jetzt erneuerte südliche haben die Jahrzehnte überdauert.

Wenn der Platz um das am Samstag neu aufgestellte Kreuz demnächst neu bepflanzt und teilweise gepflastert ist, kann es auch seine kirchliche Weihe erhalten.

[Diese Weihe fand dann am 31. Mai 2011 durch Kaplan Ulrich Schnalzger statt.]

 

In den 50er Jahren war man mehr oder weniger den ganzen Vormittag unterwegs, bestätigen die beiden Zeitzeugen. Da gab´s keinen Frühschoppen mehr beim Wirt. Ohne Leising dauerte der Flurumgang aber auch noch – mit dem Amt –  bis zu drei Stunden, deshalb begann die Kirche bereits um 8.00 Uhr. Wohl zu Zeiten von Pfarrer Pasel wurde auf den Flurumgang dann gänzlich verzichtet, als er auch noch für Eutenhofen zuständig war.

Ein Fazit

Vor allem was die Bittgänge betrifft, wäre der frühere Aufwand heute aus mehreren Gründen nicht mehr vorstellbar:

  • Da ist zum einen der bereits angesprochene Priestermangel: Ohne die vielen Dorfpfarrer würden sich die Termine hoffnungslos überschneiden.
  • Es gibt auch keine Dorfschulen und Dorflehrer mehr, wo man mehrere Tage hintereinander für religiöse Zwecke ein paar Unterrichtsstunden ausfallen lassen kann.
  • Bei den Bittgängen geht es vornehmlich um den göttlichen Schutz vor Hagelunwettern und Stürmen. Aber es gibt im Dorf – und auch woanders - immer weniger kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe, deren Existenz letztlich von gedeihlichem Wetter und vernünftigen Ernten abhängt. Und kommt es wirklich einmal zur „Katastrophe“, dann helfen heutzutage EU-Gelder aus. Natürlich hat auch sonst jeder Angst vor Hagel- und Sturmschäden am Hausdach oder beispielsweise am sündteuren Auto. Aber im Ernstfall ist man ja schließlich versichert.
  • Entscheidend aber ist letztendlich etwas Grundsätzliches: Man muss einfach feststellen, dass vielen Christen-Menschen heutzutage die alte Glau-bensüberzeugung fehlt. Das zeigen auch die Zahlen der sonntäglichen Gottesdienstbesucher – ob Erwachsene oder Kinder und Jugendliche.  In Kottingwörth finden sich nicht einmal mehr genügend Ministranten, obwohl dafür inzwischen auch Mädchen „zugelassen“ sind! Beim Bittgang war es früher ganz normal, dass drei Generationen der einzelnen Familien mitgingen. Heute veranschaulicht die geringe Teilnehmerzahl am einzig verbliebenen Bittgang nach Grögling bzw. Leising die immer mehr schwindenden Glaubensüberzeugungen.

Zum Schluss sei noch einmal an die Anekdote aus dem Salzburger Oberland erinnert:     Heute muss kein Pfarrer mehr befürchten, dass sich eines seiner Schäflein beim Bischof  wegen seiner angeblichen Nachlässigkeiten beim Wettersegen beschwert. So jemand würde sich nur bis auf die Knochen blamieren.

Nachtrag:

K. Leinfelder aus Aichach schrieb am 2. April 1949 in seinem Artikel  „Kottingwörth und seine Vergangenheit“ im DK:

[…]Von den alten Bittgängen finden wir 1691 den nach Bettbrunn. Im Jahr 1796, beim Einfall der Franzosen im Koalitionskriege, gelobten die Einwohner von Kottingwörth einen Bittgang nach St. Sebastian in Dietfurt.

 


PS:

Sollte jemand (einen) Fehler entdecken oder Ergänzungen bzw. Fotos von Prozessionen in früheren Zeiten beisteuern können, wäre ich um Rückmeldungen sehr dankbar.

Josef Wittmann