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Elisabeth Wittmann

Am Sandweg 7

92339 Beilngries-Kottingwörth

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EINSPRUCH

 

Sehr geehrte Damen und Herren von der TenneT,

hiermit möchte ich meine Ablehnung der Jurastromtrasse  über den Arzberg nahe Kottingwörth mit folgenden Begründungen zum Ausdruck bringen:

  1. Dass der Arzberg-Steinbruch 2008 mit der Nummer 51 in die Liste der schönsten Geotope Bayerns aufgenommen worden ist, fand bei den Trassenplanern offenbar überhaupt keine Berücksichtigung, obwohl die Stromtrasse ganz in der Nähe verlaufen würde. Der ehemalige Steinbruch wird von Besuchern stark frequentiert. Familien mit Kindern sind dort häufig anzutreffen und halten sich zum Teil stundenlang, zum Beispiel beim Fossiliensuchen, auf. Außerdem finden regelmäßig Führungen statt und am jährlichen „Tag des Geotops“ sollen bayernweit die Besonderheiten der Geotope einem möglichst breiten Publikum vormittelt werden. Sie alle wären dem starken Strahlungs- und Magnetfeld der Höchstspannungsleitung ausgesetzt! Da lobt man mit großem Aufsehen eine geologische Sehenswürdigkeit aus, stellt eine wetterfeste Infotafel für Besucher auf, und dann soll oder wagt sich da wegen der Strahlenbelastung  keiner hin!?
  2. Niemand weiß, wie schädlich vor allem das starke Magnetfeld im Bereich der Leitung für die Pflanzen- und Tierwelt und vor allem natürlich für die Gesundheit des Menschen ist. Wissenschaftliche Untersuchungen widersprechen sich bekanntlich. Nur eines ist gewiss: die Ungewissheit! Man weiß, dass sich im Vergleich zur bisherigen 220 KV-Leitung bei einer 380 KV-Leitung die Stromstärke von 650 A auf 3600 bis sogar 4000 A erhöht. In 100 m Abstand ist eine 20-fach höhere Bestrahlung und ein viermal höherer Einwirkungsbereich der Magnetfelder zu messen. Nicht umsonst soll ja ein 400 Meter-Abstand zu den Ortschaften eingehalten werden. Kottingwörth betreffend ist das der Fall. Ob das reicht, weiß wie gesagt niemand mit Sicherheit. Aber was ist mit der Kottingwörthermühle und mit dem Pfenninghof? Das sind keine 400 Meter! Solche kleineren Ansiedlungen werden als „außerorts“ eingestuft; hier ist plötzlich ein Abstand von 200 m erlaubt. Aber dort wohnen doch auch Menschen! Nur weil es weniger sind, sind sie weniger schützenswert?! Was ist das für eine krude Rechtsauffassung! Wo bleibt hier die Gleichbehandlung? Sind das Menschen zweiter Klasse? Wie kann man so ein Vorgehen rechtfertigen? Das widerspricht jedem gesunden, logischen Rechtsempfinden und der staatlichen Fürsorgepflicht! Verfahren vor Gericht werden das im Falle eines beabsichtigten Baus zeigen!
  3. Die Karten zeigen auch, dass die Stromtrasse Teile des Wasserschutzgebiets überquert. Hat das Einfluss auf die Qualität des Trinkwassers? Wurde das bei der Planung der Trasse ausreichend oder überhaupt bedacht?
  4. Der Arzberg ist als Landschaftsschutzgebiet, Biotopfläche und Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Im Steinbruch selbst sind Wanderfalken zu beobachten. Er ist ein FFH-Gebiet gemäß der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie. Wurden diese Fakten berücksichtigt? In den TENNET-Karten ist nichts zu finden. Wenn der Naturschutz in Zeiten des ständig beklagten Artensterbens etwas zählt, dann müssten eigentlich diese Umstände schon ausreichen, hier keine neue riesige Stromleitung zu bauen.
  5. Außerdem wurde darauf verwiesen, dass in beide steile Talhänge breite Schneisen in die Wälder geschlagen werden müssten, Richtung Pfenninghof sogar schräg in den Hang hinein. Zusammen mit den bis zu 75 m hohen Strommasten – oder noch höher - wäre dieser Kahlschlag eine optische Katastrophe! Da will man mit einem teuren GEK-Dorferneuerungsprogramm die Lebensqualität im Dorf anheben und dann setzt man dem „Erholungsort Kottingwörth“, wie auf einem kleinen Schild am Ortseingang auf dem Sandweg von Grögling her vermerkt ist, so eine optische Katastrophe vor die Haustür! In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden regelmäßig Gesuche von Grundstücksbesitzern abgelehnt, auf der Sommerleite ein Baugebiet auszuweisen. Unter anderem wurde das mit der Verschandelung des Ortsbildes begründet. Jetzt auf einmal soll das nicht mehr gelten?
  6. Es wurde auch vermerkt, dass der verkarstete Untergrund auf den Jurahöhen eine aufwendige Konstruktion der Fundamente für die Strommasten erforderlich machen würde. Mehr Aufwand – mehr Kosten. Der mit der Planung und dem Bau beauftragten TENNET, dem niederländischen Staatskonzern, ist das natürlich egal. Ganz im Gegenteil! Je höher die Kosten, desto größer der zu erwartende Gewinnanteil (derzeit 6,91% Rendite). Die TENNET freuts: höherer Gewinn! Und wer zahlt? Die Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt, wir zahlen also alle über den höheren Strompreis.
  7. Es stellt sich natürlich auch die Frage auf, ob das sündteuere Leitungsprojekt überhaupt nötig Überall bilden sich Bürgerinitiativen, die auf dezentrale Stromversorgung setzen und behaupten, dass die Lieferung von Nordseestrom in den Süden Deutschlands gar nicht nötig sei. Seit dem 25. Juli gibt es eine solche auch in Kottingwörth. Es sei letztlich die Frage, was man von staatlicher Seite will, wie also die Fördermittel eingesetzt werden. Die vor etlichen Jahren begonnenen Trassenplanungen entsprächen heute nicht mehr der Realität. Eine dezentrale Stromversorgung sei technisch durchaus möglich und für Mensch und Natur verträglicher. Man müsse sie nur ernsthaft wollen und dürfe nicht nach der Pfeife der großen Stromkonzerne tanzen. Statt sich von den Planern gegeneinander ausspielen zu lassen, indem jeder dem anderen die Trasse zuschiebt, sollte man doch ganz darauf verzichten – da dies möglich ist und sogar billiger und in jeder Hinsicht vernünftiger. Ich empfehle Ihnen dringend das Interview mit Josef Hasler, dem Vorstandschef der N-ERGIE anzusehen!

(Link: www.frankenfernsehen.tv/mediathek/video/fextra-dezentrale-stromerzeugung/)

  1. Die TENNET hat wohl auch nicht den regen Flugverkehr aufgrund des Beilngrieser Flugplatzes berücksichtigt. Regelmäßig sind über dem Tal und dem Arzberg Segel- und Motorflugzeuge zu sehen und leider auch zu hören. Da Kottingwörth nicht überflogen werden darf, müssen die Flugzeuge entweder nach links Richtung Pfenninghof oder nach rechts Richtung Amtmannsdorf, also jeweils Richtung Stromleitung ausweichen. Vor wenigen Wochen erst musste ein Segelflugzeug sogar auf einer Wiese gegenüber der Kottingwörthermühle notlanden, wie vor einigen Jahren schon einmal ein anderer Segelflieger. Wie verträgt sich dieser rege Flugverkehr mit einer so hohen Stromleitung quer über das Tal und die Anhöhen? Müssten die Masten aus Sicherheitsgründen auch noch auffallend rot-weiß markiert werden. Sicherlich schön anzusehen und gut für den Tourismus bei uns im Altmühltal.
  2. Betrachtet man den Trassenverlauf insgesamt, dann stellt man in unserer Region plötzlich eine auffällige Verbreiterung des dafür vorgesehenen Korridors fest. Warum? Weil plötzlich auch eine Trasse in unserer Nähe verläuft. Das geht wohl auf einen jüngeren Vorschlag des Dietfurter Stadtrats zurück, sodass auf die Schnelle und offenbar ohne genauere Prüfung eventueller Umstände, die dagegen sprechen (siehe oben), diese Ausweitung in Kauf genommen wurde. Also ein unüberlegter Schnellschuss! Eigentlich ein Armutszeugnis und vielsagend über die Arbeitsweise der Planer. 
  3. Im Bayernatlas ist der Arzberg als Hangrutschrisikogebiet ausgewiesen.
  4. Zwischen Amtmannsdorf und Vogelthal gibt es mehrere Dolinen.
  1. Der betroffene Bereich zwischen Beilngries und Dietfurt stellt den letzten reinen Fluss-Abschnitt des Altmühltals dar. Bei Dietfurt geht die Altmühl in den Rhein-Main-Donau-Kanal und existiert im folgenden Verlauf nicht mehr als selbstständiges Fließgewässer. 
  2. Zwei Täler, das Altmühltal und das Ottmaringer Tal, werden durch die Trasse gequert, was natürlich auch einen höheren Kostenaufwand bewirkt. Durch die beiden Täler verlaufen mehrere lokale Wanderrouten und bedeutende Fernrad- und Fernwanderwege. Die massive Bauweise der Höchstspannungsleitung hätte eine fatale landschaftsästhetische Fernwirkung auf Einheimische und Touristen - gerade in einem Freizeit- und Erholungsgebiet.
  3. Der gesamte Bereich liegt im Naturpark Altmühltal und ist durch die Schutzbestimmungen der Naturparkverordnung des Naturparks Altmühltal Südliche Frankenalb geschützt. Artikel 8 bestimmt, dass Ausnahmen von den Schutzbestimmungen nur für bestehende Anlagen, aber nicht neue gelten.
  4. Der Arzberg ist der größte Inselberg Europas. Er würde in seiner ökologischen (siehe weiter oben) und landschaftlichen Einzigartigkeit stark beeinträchtigt – zusammen mit seinem prämierten Geotop, bestehend aus den vor ca. 150 Millionen Jahren im flachen Juraschelfmeer entstandenen Malmschichten, die wegen ihres Leitprofilcharakters von hohem wissenschaftlich-geologischem Wert sind.
  5. Zwischen Kottingwörthermühle und Grögling müsste eine bestehende Stromleitung überkreuzt werden.

Diese Argumente sollten eigentlich genügen, die Arzberg-Trassenführung für eine völlig absurde Idee zu halten.

Im Übrigen halte ich die gesamte  Südostlinktrasse für unsere künftige Energieversorgung als überflüssig und rein profitorientiert - einerseits zugunsten von Finanzinvestoren auf der Suche nach gewinnbringenden Geldanlagemöglichkeiten, andererseits zulasten der Stromkunden.

Kottingwörth, 26. Juli 2019

Elisabeth Wittmann